Der OP-Tag

Es war ein wirklich komischer Tagesbeginn: Duschen, Anziehen, mit dem ganzen Gepäck zum Bus gehen. Schnell noch Tobi um 7:00 Uhr wecken. Um 7:21 Uhr hielt der Bus vor dem UKE und der Weg in das Gebäude war wie ein Gang zum Henker. Man geht freiwillig und vorbereitet in eine Institution, wo man bald betäubt wird und dann wird an einem herumgeschnitten.

Aber natürlich gibt es nicht den direkten Weg. Zuerst musste ich in die Poli-Klinik der MKG-Chirurgie, ich sollte dort endlich den Chefarzt kennenlernen, der mich ja auch operieren soll. Nachdem es am letzten Freitag schon nicht geklappt hatte, war ich nicht sonderlich optimistisch, dass es diesmal etwas wird. Aber nach 10 Minuten wurde ich zur Privatambulanz gebeten und ein freundlicher älterer Herr begrüßt mich: Der Herr Professor Schmelzle. Sehr verbindlich und freundlich, und sehr bestimmend, wie was gemacht wird. Plötzlich werden im OP doch Schnellschnitte gemacht, um zu entscheiden, wieviele Lymphknoten entnommen werden. Auf meine Nachfrage, dass der Oberarzt erwähnte, dass man keine Schnellschnitte machen würde, hiess es, dass die Schnellschnitt-Methode zu 99% sicher ist und eine OP-Entscheidung daher gerechtfertigt ist. Nach 10 Minuten wurde ich verabschiedet und durfte auf die Station 3B gehen.

Auf Station war es hektisch und es gab weder Zimmer noch Bett für mich. Außerdem war meine OP ja auch erst für 12:00 Uhr geplant, also solle ich doch noch etwas durch das Gebäude laufen. Aber ich möge doch bitte erreichbar bleiben…. Nach einer halben Stunde hatte ich alle öffentlichen Bereiche im Gebäude erkundet und wollte mich auf der Station einfach in eine ruhige Ecke setzen, da wurde mir bei der Ankunft gleich eröffnet, dass der OP mich bereits „angefordert“ hätte und ein Transport schon bestellt sei. Ich hätte noch 20 Min. Zeit, um mich umzuziehen und in ein Bett zu legen. Aber wo umziehen, es war ja kein Zimmer frei? Also einfach in ein Behandlungszimmer, es wurde ein rollbarer Schrank hereingerollt und ich bekam das klassische Flügelhemd und eine Netz-Unterhose. JETZT wurde es mir doch wirklich mulmig, es wurde plötzlich furchtbar konkret und unmittelbar. Nachdem ich mich also entkleidet und die Piercings raus hatte und die beiden neuen Kleidungsstücke „angelegt“ hatte stand ich also plötzlich hilflos wartend in dem Raum. Achja, ich sollte ja noch die Dormicum nehmen, damit ich schön entspannt im OP ankomme. Vor dem Zimmer hatte die Schwester ein Bett aufgestellt, in das sollte ich rasch hineinschlüpfen. Ein Transportpfleger würde mich dann abholen. So lag ich also plötzlich in einem Krankenhausbett auf dem Flur und wartete auf meine Fahrt in die erste Etage: OP.

Dort angekommen (10:15 Uhr) werde ich mit einem Barcode versehen, bekomme endlich die berüchtigte Haarhaube und werde in einen großen Saal gefahren, dort ist Platz für 32 Betten. 32 Patienten können dort für ihre Operationen vorbereitet werden, insgesamt gibt es dort 16 OP-Säle. Sehr freundlich werde ich empfangen, ein Medizinstudent verkabelt mich und legt einen Zugang in die Hand. Und dann blinkt und piept es auch bei mir….. Aber ich muss noch fast 2 Stunden warten. Inzwischen wirkt das Dormicum und ich finde das alles sehr interessant und spannend. Allerdings bewirkt das Medikament, dass ich immer flacher atme, also muss ich mich im Bett aufrichten und schön tief atmen.

Plötzlich höre ich „wir brauchen jetzt Herrn Kühn“ und eine junge Schwester lächelt und holt mich ab. Die Vorbereitungspfleger machen noch einen kleinen Scherz und wünschen mir viel Erfolg. In einer Schleuse robbe ich aus dem Bett auf den fahrbaren OP-Tisch, dort werde ich festgeschnallt, weich gelagert und dann geht es weiter, zur Narkose-Einleitung. Eine ältere resolute Schwester heisst mich willkommen und baut Infusionspumpen an mein Bett an und klebt mir dann meine Haarhaube mit Hansaplast am Kopf an. Der Anästhesist tritt an meinen Tisch und begrüßt mich und erklärt, dass der Chefarzt der Anästhesie sich angesichts von 16 OP-Sälen nicht um alle Privatpatienten kümmern kann und er als leitender Oberarzt ihn vertritt. Er erklärt mir kurz, dass man bei meiner OP auf die Zugänge in der Leiste verzichten könne, ich möge mich also später nicht wundern. Wir witzeln kurz und er tritt an mein Kopfende und nimmt eine Atemmaske….

Es geht jetzt ganz schnell. Ich soll schön tief den reinen Sauerstoff atmen. Es schmeckt komisch und ist anstrengend. Nach ein paar Atemzügen sagt er: Über die Vene kommt jetzt das Propofol, das Medikament, dass mich einschlafen läßt. Es soll an etwas Schönes denken: Da gibts nur eines – meinen Mann Tobi. Plötzlich fallen mir die Augen zu, ich versuche noch zum Abschied zu winken und der Arzt sagt: Schlafen Sie gut………….

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