Inzwischen sind seit der OP 14 Tage vergangen.
Vorher hatte ich große Angst davor, wie es sich nach der Entfernung des Tumor’s im Mund anfühlen wird, wenn ein Stück der Zunge weggeschnitten wurde. Und wie das Sprechen dann funktioniert, wie die Sprache dann klingt.
Die Sprache – das Sprechen ist wohl die zentrale Art sich auszudrücken. Das lernte ich erst, als ich über die möglichen Konsequenzen nachgedacht habe. Was würde das Sprechen denn adäquat ersetzen? Wie bekomme ich denn die gleiche Menge Information mitgeteilt, wenn ich nicht mehr normal reden kann? Es gibt keine Alternative!
Und wie wird es sich um Mund anfühlen? Es wird wohl „leerer“ sein.
Direkt nach der OP war es natürlich sehr irritierend, denn das Loch in der Zunge wurde mit Kunsthaut übernäht, damit sich in der Wunde wieder freie Schleimhautzellen ansiedeln können, um möglichst wieder eine natürliche Haut zu bilden. Diese Kunsthaut ist ziemlich dick, ist mit einer ganzen Reihe Stiche an der Zunge und der unteren Mundhöhle festgenäht, also kein wirklich „normaler“ Zustand. Aber immerhin konnte ich viel besser reden als befürchtet. Einige Laute klappten nicht wirklich gut, so sind alle S und SCH sehr verwaschen und erfordern eine besondere Konzentration beim Sprechen. Andererseits findet eine massive Speichelproduktion statt, weil dieser Fremdkörper im Mund vorhanden ist. Also mit der Kunsthaut ist es eher zu voll im Mund.
Nach 14 Tagen ist die Kunsthaut entfernt und die leichte Schwellung vom Fädenziehen ist zurückgegangen. Es ist also jetzt der Zustand, der wohl so bleiben wird. Okay, vielleicht wird die Schwellung noch etwas mehr zurückgehen, aber es wird wohl nicht mehr so viel mehr werden. Das Sprechen geht tatsächlich viel besser, aber immer noch sind die S/SCH-Laute immer noch nicht einwandfrei. Aber das lässt sich sicherlich durch ein bisschen Übung wieder in den Griff bekommen.
Viel spannender ist jetzt wieder das Thema Körpergefühl: Durch die durchtrennten/entfernten Nerven in dem Abschnitt der Zunge, der vom Tumir betroffen war, ist das Gefühl in der Zunge auf der rechten Seite massiv beeinträchtigt. Es ist wie nach einer Betäubung beim Zahnarzt: Man spürt nur eine Masse im Mund, aber dort ist kein wirkliches Feingefühl vorhanden. Ich kann auf der Zunge herumbeissen ohne Schmerzen zu empfinden. Das bedeutet auch, dass ich beim Essen aufpassen muss, dass ich nicht auch auf der Zunge herumkaue, statt auf dem Stück Fleisch.
Ich bin gerade ambivalent: Einerseits ist es mit der Sprache viel besser als gedacht, andererseits ist das Gefühl der Selbstwahrnehmung viel schlechter als vorhergesehen. Die Ärzte sagen, dass es lange dauern kann, bis sich die Nerven wieder erholt haben, es kann auch sein, dass es nie wieder normal wird.
Es bleibt also spannend, in 14 Tagen (Ende September 2010) wird sich entscheiden, ob die Heilung der Zungenwunde so gut verläuft, dass kein Transplantat zur Abdeckung des Defekt erforderlich ist. Mit so einem Transplantat ist es natürlich noch einmal wieder ganz anders im Mund. Wieder mehr „Material“ im Mund, vielleicht trotzdem kein besseres Empfinden, und dann?