Nach der OP

Eben noch hörte ich den Anästhesisten sagen „Schlafen Sie gut“, schön höre ich „Hallo Herr Kühn… AUFWACHEN“! Da waren doch maximal 3 Sekunden vergangen!! Ein Blick auf die Uhr zeigt aber 16:30. Und die OP hatte um 12:00 Uhr begonnen.

Schlagartig war ich wach und höre mich antworten.. ich höre ich mich SPRECHEN! Zwar etwas nuschelig und mit dem Gefühl, dass mein Mund voll ist, aber es geht!

WOW… was für ein tolles Gefühl!!! Meine größe Angst, dass ich nicht mehr richtig sprechen kann, ist mit einem Atemzug verflogen.

Der Rest ist war mir dann egal, es wurde diskutiert (ich bemerkte, dass ich mich im Aufwachraum befand) ob ich gleich auf Station komme oder erst auf die IMC – man entscheidet aufgrund der Tatsache, dass es bei einer OP an der Zunge immer noch zu Atemnot kommen kann, für die IMC, die Überwachungsstation. Ich bin wach und bekomme die Fahrt mit und finde es alles noch recht spannend. Nach einer kurzen Fahrt lande ich in einem abgedunkelten Zimmer, neben mit liegt noch ein anderer Patient, durch einen Paravent von mir abgetrennt.

Ich werde wieder an das Monitoring angeschlossen und sehr aufmerksame Schwestern fragen, ob es mir gut geht. Nächste Frage: Haben Sie Schmerzen? Ich nicke und sofort wird eine Infusion mit Schmerzmittel vorbereitet und angehängt. Viel wichtiger ist aber, dass ich eine randvolle Blase habe, also habe ich umgehend eine Bettflasche an meinem Bett hängen. Das wollte ich zwar vermeiden, aber es ist auch gerade egal. Ich weiss, dass ein ordentlicher Flüssigkeitsdurchsatz wichtig ist und bin schon froh, dass es alles klappt.

Ich verliere ziemlich das Zeitgefühl in dem dunklen Zimmer, auf jeden Fall werden die Schmerzen wieder schlimmer und bei der nächsten Nachfrage bekomme ich ohne weiteres etwas Stärkeres: Dipidolor, das ist schon ein richtig starkes Opiat. Es tropft schon die Infusion und ich höre: Sie werden vielleicht schläfrig… Ich drehe mich um und schlafe tatsächlich fast 2 Stunden.

So geht es etliche Stunden, es ist sehr unruhig auf der IMC, denn überall hört man Monitore piepen, immer geht irgendwo ein Alarm los, Pflegepersonal kommt und geht und auf dem Flur hört man immer wieder neben den Gesprächen der Pfleger einige verwirrte Patienten rufen: „HALLO HALLO HALLO HALLO“….

Immerhin darf ich mich so hinlegen wie ich mag und ich realisiere in den wachen Momenten, dass meine schwere Krebs-OP wohl tatsächlich überstanden ist. Neben dem Gefühl, als hätte ich den Mund voller Mullbinden, bemerke ich einen großen Verband am Hals. Und dann ist da noch so eine Drainage-Schlauch, der aus meinem Hals herauskommt, ein Redon. Alles etwas unhandlich, immerhin gibts ja auch noch die ganzen Monitoring-Kabel, und die Klingel.

Bei jeder Gelegenheit spreche ich mit meinen Pflegern und Schwestern um meine Sprachfähigkeiten zu testen. Es klappt ziemlich gut, nur ein paar Sachen klingen nicht so ganz einwandfrei, eben so als hätte ich wie beim Zahnarzt diese Watteröllchen im Mund.

Morgens, es ist schon Mittwoch, kommt um 8:00 Uhr die Visite der Intensiv-Mediziner. Bei mir wird ein kurzer Blick geworfen und ich höre „Wenn die Kollegen von der MKG keine Einwände haben, dann kommen Sie nachher wieder auf die Station“. Das klingt doch prima! Kurze Zeit später rückt dann der Prof. Schmelzle mit seinem Tross an, wird aber vom Stationsarzt der IMC zum falschen Bett geführt und verpasst mich. Später klärt es sich auf und er erklärt mir kurz, dass die OP erfolgreich war, dass die Schnellschnitte des Lymphknoten und die Ränder des entfernten Tumorstückes alle frei von Krebs waren, es sieht also gut aus! Ich darf wieder auf die Station zurück!

WOW, das sind gute Nachrichten! Jetzt kommt noch schnell ein Physiotherapeut, der mich wieder auf die Beine bringen soll, also aufrichten, an die Bettkante setzen und dann zum ersten Mal wieder auf den eigenen Beinen stehen. Ups, das ist doch ziemlich wackelig, aber immerhin muss ich mich nicht wieder hinsetzen! Nach 2 Minuten wieder hinlegen, ich werde endgültig von den Überwachungsmonitoren getrennt und transportfertig gemacht, da kommt schon mein „Transport“ und es geht auf meine Station. Dort weiss man noch nicht so recht wo hin, es geht erstmal in Zimmer 14, ein Zweibett-Zimmer. Ich erwähne bei der Gelegenheit, dass ich als Privatpatient doch gerne ein Einzelzimmer hätte und plötzlich wird es hektisch, und zum Nachmittag hin wird ein entsprechendes Zimmer frei und ich wechsele in Zimmer 3.

Bis dahin unterhalte ich mich noch mit meinem temporären Mitbewohner, einem jungen Studenten, dem mehrere Kieferzysten in Vollnarkose entfernt werden.

Dann kommt der erste Besuch: Meine Mutter, die bereits seit Dienstag abend telefonisch beim UKE immer wieder nachgefragt hatte und nach der OP einen Bericht vom Arzt bekommen hatte. Natürlich hatte auch Tobi einen Anruf aus dem Krankenhaus bekommen, und beide waren nach diesen Anrufen sehr erleichtert. Meine Mutter hatte sich dann morgens schon per Telefon durchgeschlagen und eine Intensivschwester auf der IMC überredet, mir ein mobiles Telefon zu reichen, damit ich ein paar Worte mit ihr wechseln konnte. Jetzt steht sie an meinem Bett und ist glücklich – genau wie ich. Tobi wurde von ihr laufend per Mail und Telefon auf dem Laufenden gehalten, Tobi musste ja am Mittwoch noch arbeiten und ist dann abends nach Hamburg geflogen, um den Rest der Woche bei mir sein zu können.

Ich bin schon erstaunt, dass kurze Zeit später eine Verpflegungsassistentin kommt und fragt was ich zum Mittag haben möchte, sie reicht mir eine umfassende Menükarte und bemerkt dann, dass ich ja nur flüssige Kost zu mir nehmen darf. Also darf ich unter 6 verschiedenen Suppen wählen. Aber immerhin gibt es was zu essen!

Nach kurzer Zeit wird mein Zimmernachbar zu seiner OP abgeholt und ich wechsele dann noch mein Zimmer, es geht in Zimmer 3 – ein Einzelzimmer.  Dort relaxe ich ein wenig und döse noch ein bisschen, schlürfe meine Suppe zum Mittag und zum Abendessen und bin einfach nur froh, dass die OP überstanden ist.

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