Einige Bilder aus dem Krankenhaus, vom 29. und 30.9. (und ein Bild vom 4.10. direkt nach der Entlassung aus der Anstalt)
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Einige Bilder aus dem Krankenhaus, vom 29. und 30.9. (und ein Bild vom 4.10. direkt nach der Entlassung aus der Anstalt)
Wir sind am 30.9. angekommen, zwei Tage nach der OP.
Inzwischen bin ich von „Flüssige Kost“ auf „Weiche Kost“ aufgestiegen, die ersten Visiten vom Chefarzt-Assistenten waren vielversprechend, Donnerstag wird die Drainage abgeschnitten, am Freitag entfernt. Der venöse Zugang ist schon am Donnerstag dicht, aber ich kann die Antibiose ja auch in Tablettenform bekommen, ebenso die Schmerzmittel.
Das Schlucken ist eine ziemliche Qual, denn die Fäden, die die Kunsthaut an der Zunge fixieren, kratzen ganz beständig an der Mundschleimhaut und verursachen arge Schmerzen. Zum Glück wird Freitag ein kleines Stück und zwei Nähte entfernt, daraufhin ist das Schlucken schon viel besser, aber von Schmerzfrei immer noch weit entfernt. Immerhin reichen die Schmerzmittel (Novalgin & Tramal) jetzt aus.
Die Genesung schreitet schneller voran als gedacht, bereits am Donnerstag wird mir die Entlassung am Montag angekündigt. Am Freitag bietet mir der Arzt sogar schon eine Entlassung für den Samstag an, das überfordert mich schon ziemlich, da ich keinen Arzt mehr erreiche und keine Medikamente bekomme. Außerdem will mich meine Mutter am Montag übernehmen und 2-3 Tage für mich sorgen. Ich bin trotzdem erstaunt, denn aus den angekündigten 14 Tagen sind es dann „nur“ 6 1/2 Tage geworden. Aber ich vermeide damit die sehr schmerzhaften Anti-Thrombose-Spritzen, da bin ich um jeden Tag weniger sehr dankbar!
Ich habe viel Besuch: Natürlich jeden Tag Tobi, der meistens mittags und dann nochmal Abends bei mir ist und jeden Abend bis mindestens 22:30 Uhr auf meinem Bett liegend an mich gekuschelt.
Aber auch Anna, Martina & Carl, und Markus, und meine Mutter sind zu Besuch, und aus der Firma kommt Nico. Er bringt mir ein neues Spielzeug mit: Das neue IPhone!
Die Zeit auf der Station ist im Fluge vergangen. Okay, manchmal schneller und manchmal auch quälend langsam.
Zeit zum Nachdenken und Grübeln hatte ich nicht, außer in den Momenten, wo ich andere Patienten auf der MKG-Station sehe: Die meisten sind Krebs-Patienten wie ich, allerdings mit viel schlimmeren Diagnosen, da wurden teilweise Wangen, Kiefer und Kinn entfernt und wieder plastisch rekonstruiert. Das ist immer noch um Klassen schlimmer als meine Erkrankung. Das eigene Leid und Elend wird plötzlich relativiert und es folgt die Erkenntnis: Anderen Patienten geht es noch so viel schlechter als mir!
Inzwischen sind seit der OP 14 Tage vergangen.
Vorher hatte ich große Angst davor, wie es sich nach der Entfernung des Tumor’s im Mund anfühlen wird, wenn ein Stück der Zunge weggeschnitten wurde. Und wie das Sprechen dann funktioniert, wie die Sprache dann klingt.
Die Sprache – das Sprechen ist wohl die zentrale Art sich auszudrücken. Das lernte ich erst, als ich über die möglichen Konsequenzen nachgedacht habe. Was würde das Sprechen denn adäquat ersetzen? Wie bekomme ich denn die gleiche Menge Information mitgeteilt, wenn ich nicht mehr normal reden kann? Es gibt keine Alternative!
Und wie wird es sich um Mund anfühlen? Es wird wohl „leerer“ sein.
Direkt nach der OP war es natürlich sehr irritierend, denn das Loch in der Zunge wurde mit Kunsthaut übernäht, damit sich in der Wunde wieder freie Schleimhautzellen ansiedeln können, um möglichst wieder eine natürliche Haut zu bilden. Diese Kunsthaut ist ziemlich dick, ist mit einer ganzen Reihe Stiche an der Zunge und der unteren Mundhöhle festgenäht, also kein wirklich „normaler“ Zustand. Aber immerhin konnte ich viel besser reden als befürchtet. Einige Laute klappten nicht wirklich gut, so sind alle S und SCH sehr verwaschen und erfordern eine besondere Konzentration beim Sprechen. Andererseits findet eine massive Speichelproduktion statt, weil dieser Fremdkörper im Mund vorhanden ist. Also mit der Kunsthaut ist es eher zu voll im Mund.
Nach 14 Tagen ist die Kunsthaut entfernt und die leichte Schwellung vom Fädenziehen ist zurückgegangen. Es ist also jetzt der Zustand, der wohl so bleiben wird. Okay, vielleicht wird die Schwellung noch etwas mehr zurückgehen, aber es wird wohl nicht mehr so viel mehr werden. Das Sprechen geht tatsächlich viel besser, aber immer noch sind die S/SCH-Laute immer noch nicht einwandfrei. Aber das lässt sich sicherlich durch ein bisschen Übung wieder in den Griff bekommen.
Viel spannender ist jetzt wieder das Thema Körpergefühl: Durch die durchtrennten/entfernten Nerven in dem Abschnitt der Zunge, der vom Tumir betroffen war, ist das Gefühl in der Zunge auf der rechten Seite massiv beeinträchtigt. Es ist wie nach einer Betäubung beim Zahnarzt: Man spürt nur eine Masse im Mund, aber dort ist kein wirkliches Feingefühl vorhanden. Ich kann auf der Zunge herumbeissen ohne Schmerzen zu empfinden. Das bedeutet auch, dass ich beim Essen aufpassen muss, dass ich nicht auch auf der Zunge herumkaue, statt auf dem Stück Fleisch.
Ich bin gerade ambivalent: Einerseits ist es mit der Sprache viel besser als gedacht, andererseits ist das Gefühl der Selbstwahrnehmung viel schlechter als vorhergesehen. Die Ärzte sagen, dass es lange dauern kann, bis sich die Nerven wieder erholt haben, es kann auch sein, dass es nie wieder normal wird.
Es bleibt also spannend, in 14 Tagen (Ende September 2010) wird sich entscheiden, ob die Heilung der Zungenwunde so gut verläuft, dass kein Transplantat zur Abdeckung des Defekt erforderlich ist. Mit so einem Transplantat ist es natürlich noch einmal wieder ganz anders im Mund. Wieder mehr „Material“ im Mund, vielleicht trotzdem kein besseres Empfinden, und dann?
Eben noch hörte ich den Anästhesisten sagen „Schlafen Sie gut“, schön höre ich „Hallo Herr Kühn… AUFWACHEN“! Da waren doch maximal 3 Sekunden vergangen!! Ein Blick auf die Uhr zeigt aber 16:30. Und die OP hatte um 12:00 Uhr begonnen.
Schlagartig war ich wach und höre mich antworten.. ich höre ich mich SPRECHEN! Zwar etwas nuschelig und mit dem Gefühl, dass mein Mund voll ist, aber es geht!
WOW… was für ein tolles Gefühl!!! Meine größe Angst, dass ich nicht mehr richtig sprechen kann, ist mit einem Atemzug verflogen.
Der Rest ist war mir dann egal, es wurde diskutiert (ich bemerkte, dass ich mich im Aufwachraum befand) ob ich gleich auf Station komme oder erst auf die IMC – man entscheidet aufgrund der Tatsache, dass es bei einer OP an der Zunge immer noch zu Atemnot kommen kann, für die IMC, die Überwachungsstation. Ich bin wach und bekomme die Fahrt mit und finde es alles noch recht spannend. Nach einer kurzen Fahrt lande ich in einem abgedunkelten Zimmer, neben mit liegt noch ein anderer Patient, durch einen Paravent von mir abgetrennt.
Ich werde wieder an das Monitoring angeschlossen und sehr aufmerksame Schwestern fragen, ob es mir gut geht. Nächste Frage: Haben Sie Schmerzen? Ich nicke und sofort wird eine Infusion mit Schmerzmittel vorbereitet und angehängt. Viel wichtiger ist aber, dass ich eine randvolle Blase habe, also habe ich umgehend eine Bettflasche an meinem Bett hängen. Das wollte ich zwar vermeiden, aber es ist auch gerade egal. Ich weiss, dass ein ordentlicher Flüssigkeitsdurchsatz wichtig ist und bin schon froh, dass es alles klappt.
Ich verliere ziemlich das Zeitgefühl in dem dunklen Zimmer, auf jeden Fall werden die Schmerzen wieder schlimmer und bei der nächsten Nachfrage bekomme ich ohne weiteres etwas Stärkeres: Dipidolor, das ist schon ein richtig starkes Opiat. Es tropft schon die Infusion und ich höre: Sie werden vielleicht schläfrig… Ich drehe mich um und schlafe tatsächlich fast 2 Stunden.
So geht es etliche Stunden, es ist sehr unruhig auf der IMC, denn überall hört man Monitore piepen, immer geht irgendwo ein Alarm los, Pflegepersonal kommt und geht und auf dem Flur hört man immer wieder neben den Gesprächen der Pfleger einige verwirrte Patienten rufen: „HALLO HALLO HALLO HALLO“….
Immerhin darf ich mich so hinlegen wie ich mag und ich realisiere in den wachen Momenten, dass meine schwere Krebs-OP wohl tatsächlich überstanden ist. Neben dem Gefühl, als hätte ich den Mund voller Mullbinden, bemerke ich einen großen Verband am Hals. Und dann ist da noch so eine Drainage-Schlauch, der aus meinem Hals herauskommt, ein Redon. Alles etwas unhandlich, immerhin gibts ja auch noch die ganzen Monitoring-Kabel, und die Klingel.
Bei jeder Gelegenheit spreche ich mit meinen Pflegern und Schwestern um meine Sprachfähigkeiten zu testen. Es klappt ziemlich gut, nur ein paar Sachen klingen nicht so ganz einwandfrei, eben so als hätte ich wie beim Zahnarzt diese Watteröllchen im Mund.
Morgens, es ist schon Mittwoch, kommt um 8:00 Uhr die Visite der Intensiv-Mediziner. Bei mir wird ein kurzer Blick geworfen und ich höre „Wenn die Kollegen von der MKG keine Einwände haben, dann kommen Sie nachher wieder auf die Station“. Das klingt doch prima! Kurze Zeit später rückt dann der Prof. Schmelzle mit seinem Tross an, wird aber vom Stationsarzt der IMC zum falschen Bett geführt und verpasst mich. Später klärt es sich auf und er erklärt mir kurz, dass die OP erfolgreich war, dass die Schnellschnitte des Lymphknoten und die Ränder des entfernten Tumorstückes alle frei von Krebs waren, es sieht also gut aus! Ich darf wieder auf die Station zurück!
WOW, das sind gute Nachrichten! Jetzt kommt noch schnell ein Physiotherapeut, der mich wieder auf die Beine bringen soll, also aufrichten, an die Bettkante setzen und dann zum ersten Mal wieder auf den eigenen Beinen stehen. Ups, das ist doch ziemlich wackelig, aber immerhin muss ich mich nicht wieder hinsetzen! Nach 2 Minuten wieder hinlegen, ich werde endgültig von den Überwachungsmonitoren getrennt und transportfertig gemacht, da kommt schon mein „Transport“ und es geht auf meine Station. Dort weiss man noch nicht so recht wo hin, es geht erstmal in Zimmer 14, ein Zweibett-Zimmer. Ich erwähne bei der Gelegenheit, dass ich als Privatpatient doch gerne ein Einzelzimmer hätte und plötzlich wird es hektisch, und zum Nachmittag hin wird ein entsprechendes Zimmer frei und ich wechsele in Zimmer 3.
Bis dahin unterhalte ich mich noch mit meinem temporären Mitbewohner, einem jungen Studenten, dem mehrere Kieferzysten in Vollnarkose entfernt werden.
Dann kommt der erste Besuch: Meine Mutter, die bereits seit Dienstag abend telefonisch beim UKE immer wieder nachgefragt hatte und nach der OP einen Bericht vom Arzt bekommen hatte. Natürlich hatte auch Tobi einen Anruf aus dem Krankenhaus bekommen, und beide waren nach diesen Anrufen sehr erleichtert. Meine Mutter hatte sich dann morgens schon per Telefon durchgeschlagen und eine Intensivschwester auf der IMC überredet, mir ein mobiles Telefon zu reichen, damit ich ein paar Worte mit ihr wechseln konnte. Jetzt steht sie an meinem Bett und ist glücklich – genau wie ich. Tobi wurde von ihr laufend per Mail und Telefon auf dem Laufenden gehalten, Tobi musste ja am Mittwoch noch arbeiten und ist dann abends nach Hamburg geflogen, um den Rest der Woche bei mir sein zu können.
Ich bin schon erstaunt, dass kurze Zeit später eine Verpflegungsassistentin kommt und fragt was ich zum Mittag haben möchte, sie reicht mir eine umfassende Menükarte und bemerkt dann, dass ich ja nur flüssige Kost zu mir nehmen darf. Also darf ich unter 6 verschiedenen Suppen wählen. Aber immerhin gibt es was zu essen!
Nach kurzer Zeit wird mein Zimmernachbar zu seiner OP abgeholt und ich wechsele dann noch mein Zimmer, es geht in Zimmer 3 – ein Einzelzimmer. Dort relaxe ich ein wenig und döse noch ein bisschen, schlürfe meine Suppe zum Mittag und zum Abendessen und bin einfach nur froh, dass die OP überstanden ist.
Es war ein wirklich komischer Tagesbeginn: Duschen, Anziehen, mit dem ganzen Gepäck zum Bus gehen. Schnell noch Tobi um 7:00 Uhr wecken. Um 7:21 Uhr hielt der Bus vor dem UKE und der Weg in das Gebäude war wie ein Gang zum Henker. Man geht freiwillig und vorbereitet in eine Institution, wo man bald betäubt wird und dann wird an einem herumgeschnitten.
Aber natürlich gibt es nicht den direkten Weg. Zuerst musste ich in die Poli-Klinik der MKG-Chirurgie, ich sollte dort endlich den Chefarzt kennenlernen, der mich ja auch operieren soll. Nachdem es am letzten Freitag schon nicht geklappt hatte, war ich nicht sonderlich optimistisch, dass es diesmal etwas wird. Aber nach 10 Minuten wurde ich zur Privatambulanz gebeten und ein freundlicher älterer Herr begrüßt mich: Der Herr Professor Schmelzle. Sehr verbindlich und freundlich, und sehr bestimmend, wie was gemacht wird. Plötzlich werden im OP doch Schnellschnitte gemacht, um zu entscheiden, wieviele Lymphknoten entnommen werden. Auf meine Nachfrage, dass der Oberarzt erwähnte, dass man keine Schnellschnitte machen würde, hiess es, dass die Schnellschnitt-Methode zu 99% sicher ist und eine OP-Entscheidung daher gerechtfertigt ist. Nach 10 Minuten wurde ich verabschiedet und durfte auf die Station 3B gehen.
Auf Station war es hektisch und es gab weder Zimmer noch Bett für mich. Außerdem war meine OP ja auch erst für 12:00 Uhr geplant, also solle ich doch noch etwas durch das Gebäude laufen. Aber ich möge doch bitte erreichbar bleiben…. Nach einer halben Stunde hatte ich alle öffentlichen Bereiche im Gebäude erkundet und wollte mich auf der Station einfach in eine ruhige Ecke setzen, da wurde mir bei der Ankunft gleich eröffnet, dass der OP mich bereits „angefordert“ hätte und ein Transport schon bestellt sei. Ich hätte noch 20 Min. Zeit, um mich umzuziehen und in ein Bett zu legen. Aber wo umziehen, es war ja kein Zimmer frei? Also einfach in ein Behandlungszimmer, es wurde ein rollbarer Schrank hereingerollt und ich bekam das klassische Flügelhemd und eine Netz-Unterhose. JETZT wurde es mir doch wirklich mulmig, es wurde plötzlich furchtbar konkret und unmittelbar. Nachdem ich mich also entkleidet und die Piercings raus hatte und die beiden neuen Kleidungsstücke „angelegt“ hatte stand ich also plötzlich hilflos wartend in dem Raum. Achja, ich sollte ja noch die Dormicum nehmen, damit ich schön entspannt im OP ankomme. Vor dem Zimmer hatte die Schwester ein Bett aufgestellt, in das sollte ich rasch hineinschlüpfen. Ein Transportpfleger würde mich dann abholen. So lag ich also plötzlich in einem Krankenhausbett auf dem Flur und wartete auf meine Fahrt in die erste Etage: OP.
Dort angekommen (10:15 Uhr) werde ich mit einem Barcode versehen, bekomme endlich die berüchtigte Haarhaube und werde in einen großen Saal gefahren, dort ist Platz für 32 Betten. 32 Patienten können dort für ihre Operationen vorbereitet werden, insgesamt gibt es dort 16 OP-Säle. Sehr freundlich werde ich empfangen, ein Medizinstudent verkabelt mich und legt einen Zugang in die Hand. Und dann blinkt und piept es auch bei mir….. Aber ich muss noch fast 2 Stunden warten. Inzwischen wirkt das Dormicum und ich finde das alles sehr interessant und spannend. Allerdings bewirkt das Medikament, dass ich immer flacher atme, also muss ich mich im Bett aufrichten und schön tief atmen.
Plötzlich höre ich „wir brauchen jetzt Herrn Kühn“ und eine junge Schwester lächelt und holt mich ab. Die Vorbereitungspfleger machen noch einen kleinen Scherz und wünschen mir viel Erfolg. In einer Schleuse robbe ich aus dem Bett auf den fahrbaren OP-Tisch, dort werde ich festgeschnallt, weich gelagert und dann geht es weiter, zur Narkose-Einleitung. Eine ältere resolute Schwester heisst mich willkommen und baut Infusionspumpen an mein Bett an und klebt mir dann meine Haarhaube mit Hansaplast am Kopf an. Der Anästhesist tritt an meinen Tisch und begrüßt mich und erklärt, dass der Chefarzt der Anästhesie sich angesichts von 16 OP-Sälen nicht um alle Privatpatienten kümmern kann und er als leitender Oberarzt ihn vertritt. Er erklärt mir kurz, dass man bei meiner OP auf die Zugänge in der Leiste verzichten könne, ich möge mich also später nicht wundern. Wir witzeln kurz und er tritt an mein Kopfende und nimmt eine Atemmaske….
Es geht jetzt ganz schnell. Ich soll schön tief den reinen Sauerstoff atmen. Es schmeckt komisch und ist anstrengend. Nach ein paar Atemzügen sagt er: Über die Vene kommt jetzt das Propofol, das Medikament, dass mich einschlafen läßt. Es soll an etwas Schönes denken: Da gibts nur eines – meinen Mann Tobi. Plötzlich fallen mir die Augen zu, ich versuche noch zum Abschied zu winken und der Arzt sagt: Schlafen Sie gut………….
So, ich bin wieder da, und jetzt schreibe ich die Erlebnisse der letzten Woche nieder!
Das Wochenede habe ich mit Tobi genossen, wir haben Party gemacht, waren mit Freunden Kaffee trinken (oder Eis essen) und haben die gemeinsame Zeit genossen. Auf der Party haben ganz viele Freunde ihr Anteilnahme ausgedrückt und mit diesem tollen Gefühl und einem unendlichen großen Paket voller Liebe von Tobi bin ich Montag früh wieder nach Hamburg geflogen, direkt in’s Büro. Dort waren natürlich noch einige Dinge zu regeln, aber es gab wieder viele Gespräche mit Kollegen, die ich seit einigen Tagen nicht gesehen hatte und die ebenfalls ankündigten, dass sie am Dienstag Daumendrücken werden. Um 15:00 Uhr bin ich dann nach Hause, da ich dort noch einiges machen musste: Tasche für das Krankenhaus packen , die Wohnung etwas herrichten, damit meine Mutter, die ja am Mittwoch nach Hamburg in meine Bude kommt, nicht der Schlag trifft… Und ich wollte noch ein paar Minuten einfach in Ruhe geniessen, es waren die letzten Stunden ganz komplett. Mit der letzten Mahlzeit vor der OP.
Es machte sich doch ziemlich viel Unruhe bei mir breit, obwohl ich mich sicherlich sehr gut vorbereitet hatte. Ich konnte mich aber nicht von einem guten Maß Angst freimachen. Es ist eben alles nicht risikolos.
Um 23:00 Uhr gings ins Bett, denn um 5:50 Uhr klingelte der Wecker….
So, der Bart ist ab…. naja nicht ganz, aber der Hals muss für die OP ja frei sein, also nur noch ein bisschen Bart.
Nach den ruhigen Tagen mit Tobi ging es diese Woche wieder rund, und das Thema Krankheit holte mich mit Macht wieder ein: 2 weitere Besuche im UKE.
Am gestrigen Donnerstag war großer Untersuchungstag im UKE, genannt „Staging“. Es wurde ein CT gemacht, die Lunge geröngt und der Bauch sonografiert. Alles zur Ermittlung, ob es eventuell schon Krebs-Metastasen im Körper gibt. Der Tag hatte also Potential für neue schlechte Nachrichten, und mit einem wirklich gemischten und durchwachsenen Gefühl bin ich zu den Untersuchungen gegangen.
Diese Betriebssamkeit im Krankenhaus ist schon erschreckend, es wird mit den Patienten ein wenig verfahren, als seien es Maschinen, oder Autos, die auf Diagnostik und Reparatur warten. Kranke Menschen laufen durch die endlosen Gänge (oder werden in Rollstühlen oder Betten geschoben) und werden von einem Counter zur nächsten Station geschickt.
Ich dachte ja immer, dass ich bei solchen Dingen praktisch veranlagt bin, aber ich merke jetzt, dass ich in dieser Situation, wo meine Gedanken um andere Dinge kreisen, ebenso hilf- und orientierungslos durch das Klinikum wandere wie die anderen Patienten.
Die Angestellten im UKE, die uns Patienten verwalten, tragen alle freundliche Namensschilder mit dem Zusatz „Administration“. Da kommt man sich ja schon wie ein Stück Ware vor, oder zumindestens wie ein Fall. Okay, mehr ist man für die meisten Mitarbeiter dort sicherlich auch nicht. Und ganz ehrlich: Wer will es denen verübeln, dass sie nicht mit jedem Patienten mitleiden. Man stumpft sicherlich ganz massiv ab.
Ich will aber auch nicht verschweigen, dass die meisten Ärzte und Schwestern sich Mühe geben und sehr verständnisvoll sind, wenn man hilflos dort steht und alles mehrfach erklärt bekommen muss. Und man wird in den meisten Fällen auch nicht automatisch entmündigt, sondern die Fragen werden ernsthaft beantwortet und man nimmt sich die erforderliche Zeit.
Nach den ganzen Stationen habe ich immer auf eine Befundbesprechung bestanden und danach sieht es ganz gut aus. Keine sichtbaren Metastasen auf dem CT (dort ist der Tumor nicht mal zu sehen, weil zu klein!), das Röntgenbild der Lunge gibt keinen Anlass zur Sorge und die Sonografie des Bauchs ergibt nur, dass ich Gallensteine habe. Aber keine sonstigen Veränderungen der Organe. IMMERHIN mal einigermassen gute Nachrichten. Allerdings ist ein Lymphknoten im Hals ein bisschen vergrößert, der Radiologe sah das aber noch nicht als auffällig.
Heute (Freitag) war dann der sogenannte „Prämedikationstermin“, dort wird dann die Narkose-Aufklärung und die Besprechung mit dem Chirurgen gemacht. Der Narkosearzt machte mir schon ein bisschen Angst, denn es werden wohl diverse Schläuche und Anschlüsse vor der OP verlegt: Magensonde, Dauerkatheter, ZVK (zentraler Venen-Katheter) und arterieller Zugang über die Leiste, Intubierung über die Nase oder bei Atemproblemen wird ein Luftröhrenschnitt gemacht. Es kann gut sein, dass ich nach den 3 Stunden Operation für mehrere Stunden auf die Intensiv-Station muss, auch dort kann es sein, dass bei Atemproblemen generell der Tubus längere Zeit liegen bleibt und dann solange im künstlichen Koma gehalten werde.
Das beruhigt doch alles, ist ja alles zu meinem Besten…….
Danach gab es dann doch einen bösen Schock: Der geplante OP-Termin am 30.9. ist abgesagt, da der liebe Chefarzt an diesem Tag auf einen Kongress fahren will. Leider gab es Abstimmungsprobleme zwischen seinem Sekretariat und dem Personal der Poliklinik, die die OP-Planung macht. Ich bekam wirklich schlechte Laune, denn Tobi hat sich extra frei genommen und wollte am 29.9. abends nach Hamburg kommen, um mich in UKE zu fahren und dann nach der OP bei mir zu sein. Sollten alle diese Planungen hinfällig sein?
Jetzt ist die OP bereits am 28.9. im Laufe des Tages. Trotzdem muss ich um 7:30 Uhr im Krankenhaus sein, denn der Chefarzt sollte mich vor der OP noch einmal (und zum ersten Mal!) sehen. Auch da bin ich ein bisschen verärgert, denn eigentlich wusste der Chef und sein Assistent von der heute geplanten Untersuchung/Besprechung und haben es einfach verplant.
Der Oberarzt, der mich dann heute über die geplante OP chirurgisch aufklärte, wirkte auf mich sehr kompetent und nach sich die Zeit (er warf für das Gespräch erstmal 2 Assistenzärzte aus einem Besprechungsraum) und beantwortete meine Fragen sehr ausführlich. Etwa 1/4 der Zunge wird verloren gehen, zum Glück nur am Rand und nicht Bereich der Zungenspitze. Die Sprache wird anfangs ein bisschen verändert sein, weil die Bewegungen der Zunge anders funktionieren werden, immerhin fehlt ein Stück des Muskels. Ich werde mich aber auch direkt nach der OP schon wieder artikulieren können, wenn auch nur beschränkt und natürlich wird es schmerzen. Allerdings wird das Empfinden in der rechten Zungenseite massiv beeinträchtigt, denn ein Stück des Nervs fehlt nach der OP. Essen vielleicht 1-2 Tage über die Magensonde oder über den ZVK, wenn alles gut läuft wird aber ganz schnell auf flüssige Kost umgestellt (sog. Astronauten-Nahrung). Die Ausräumung der Lymphknoten wird nur im rechten Halsbereich gemacht, allerdings werden dort alle Lymphknoten entfernt. Der Oberarzt nannte dieses Vorgehen Standard und „nicht verhandelbar“. Die Halswunde bekommt eine Wunddrainage, und der rechte Hals wird ein bisschen schlanker nach der OP sein.
Der Bart muss nicht ganz ab, nur der Hals muss frei sein und die Wangen sollten es sein, also wird am Wochenende mal etwas rasiert. Und die Kopfhaare sind seit gestern auch schon pflegeleicht kurzgeschnitten.
Entwarnung wird es aber erst nach der histologischen Untersuchung der Lymphknoten und des entnommenen Stücks Zunge geben, dann entscheidet sich das weitere Vorgehen. Ich gehe aber ganz optimistisch an die Sache heran und erwarte, dass es nach OP alles fein ist!
Am OP-Tag wird meine Mutter abends mal vorbeischauen und dann vor allen Dingen Tobi unterrichten, der sicherlich auf Kohlen sitzt und auf Neuigkeiten wartet. Aber die Vorverlegung der OP hat auch etwas Gutes: Jetzt erlebe ich Tobi (und er mich) 4 Tage in deutlich wacherem Zustand als direkt nach der OP. Und in Gedanken ist mein Mann ja eh die ganze Zeit bei mir!
Also waren die beiden Tage insgesamt zwar strapaziös, aber dann im Endergebnis doch recht positiv. Kein Grund für Entwarnung: Die OP wird ein Höllenritt und die Tage danach auch, aber mit Chance ists das dann auch gewesen.
Jetzt sitze ich noch im Büro und arbeite meine letzten Baustellen ab, bespreche ein paar kleine Projekte mit den Kollegen (die manchmal auch einfach auf ein nettes und aufbauendes Schätzchen vorbeikommen).
Um 18:45 Uhr geht mein Flieger nach Frankfurt zu meinem Schatz, und dann machen wir uns ein letztes schönes Wochenende, bevor ein paar Wochen mit deutlichen Einschränkungen vor uns liegen.
Es geht um Sa. 18.9. bis Di. 21.9., immer noch in Frankfurt.
Ich hatte schon vor Wochen diese beiden Tage Urlaub genommen, um ein verlängertes Wochenende bei Tobi zu geniessen. Okay, er muss Montag und Dienstag arbeiten, aber wir haben immerhin die Abende und Nächte zusammen. Für mich ist das schon im normalen Leben ganz toll, aber in der jetzigen Situation eine Quelle von Ruhe und Kraft.
Keine Sorge, ich berichte nicht über jeden Tag in epischer Breite, sondern werde – so wie in diesem Teil – gleich für mehrere Tage berichten.
Inzwischen hat es sich in meinem Kopf beruhigt, denn ganz viele Fragen sind beantwortet oder inzwischen nicht mehr so wichtig. Wichtig ist aber das Gefühl, das so viele Menschen mit mir mitfühlen und in Gedanken mir beistehen.
Ich hatte kurz nach der Rundmail in der Firma schon daran gedacht eine Rundmail an die Freunde zu machen, aber mich dann doch entschieden, die offensive Kommunikation nach außen über dieses Blog zu machen. Gleichzeitig veröffentliche ich die Beiträge auch bei Facebook, so dass jeder ganz nach Belieben mitverfolgen kann, wie es mir mit der Krankheit geht. Tobi und ein paar Freunde bestärkten mich darin viel aufzuschreiben, mir meine Themen von der Seele zu schreiben. So ist es also zu diesem Blog und den Postings bei FB gekommen.
Samstag haben wir nach dem Ausschlafen ein bisschen „rumgegammelt“ und uns angesichts des schönen Wetters dann aufgemacht, ein bisschen auf der Berger spazieren zu gehen. Alfonso (bester Freund von Tobi) hatte uns eingeladen, dann doch einfach auf ein paar Minuten bei ihm reinzuschauen. Spontan wollten wir eigentlich noch schnell ins Kino, es bot sich „Legende von Aang“ an. Aber bei Alfonso trafen wir dann noch Daijiro und Pedro (Freunde von Alfonso), plauderten lange und heiter über das IPhone 4 und die Probleme bei der Bedienung und so war es dann auch zu spät für’s Kino. Später sind wir mit Alfonso noch zum Essen und danach zum CK Studio. Ich hatte das dringende Gefühl noch einmal Party machen zu wollen, denn wahrscheinlich wird das Feiern für längere Zeit ausfallen. Und auch kein Bier mehr, also habe ich meine Vorsätze zum Thema Alkohol-Verzicht auch über den Haufen geworfen. Zwei Biere haben die Stimmung im Club dann deutlich erträglicher gemacht….
Sonntag bestand aus Ausschlafen, dann leicht gereizt Milch für den Aufsteh-Kaffee von einem Kiosk besorgen und aus einem sehr schönen Kaffee-Trinken mit Tobi’s Vater. Wir starteten einen neuen Versuch und sind zum Berger-Kino und haben dort die Legenden geschaut. Das ist unterhaltsames Popcorn-Kino, aber nichts Hochklassiges. Zum Thema Krankheit ging es heute aber nur um den Zahn von Tobi, von dem er sich in der Nacht ein Stück abgebrochen hat. Und ganzschön Angst vor dem Zahnarzt hat…..
Montag morgens, noch in Frankfurt, bin ich ziemlich gerädert von der Nacht, denn die Schmerzen in der Zunge sind viel schlimmer geworden und ich habe nur kurze Abschnitte schlecht geschlafen. Ich werde jetzt das Novalgin einsetzen, wie vom Krankenhaus empfohlen. Ich verdränge die Krankheit gerade und geniesse einfach mein Leben mit meinem Schatz. Aber natürlich kommen die Gedanken immer wieder hoch und dämpfen meine Stimmung wieder. Im Vergleich zu Donnerstag ist die Stimmung aber VIEL besser! Abends hole ich Tobi ab, der direkt vom Zahnarzt kommt und wieder hergestellt ist (und es war natürlich nicht soooo schlimm wie befürchtet) und wir gehen mt Alfonso ins Schopenhauer zum Pasta-Essen „All you can eat“. Dort treffen wir auch Doris, Willi und Daijiro. Eine herzliche und liebe Runde, wir sprechen über den Krebs, aber ohne wehleidige Stimmung. Doris und Willi arbeiten im Gesundheitswesen und machen mir auch Mut, bleiben dabei aber auch realistisch und beschönigen nichts. Nach diesem tollen Abend gehts nach Hause und Tobi und ich chillen noch ein bisschen und der Tag ist zu Ende.
Dienstag, mein letzter Tag in Frankfurt. Unaufregend und gleichzeitig erholsam, ich schreibe mein Blog und arbeite tagsüber am neuen System von gay-web.de. Die Schmerzen sind heftiger, und wir bleiben einfach zu Hause und geniessen die Zweisamkeit. Morgen in der Frühe gehts wieder nach Hamburg, 8:15 Uhr geht der Flieger und direkt ins Büro.
Freitag, den 17. September 2010, der Tag 2 mit der Diagnose Krebs
Dank der Schlaftablette habe ich einigermassen geschlafen und wache um 9:00 Uhr auf und sofort ist dieser Gedanke an die Krankheit und die OP wieder da. Aber ich will mich jetzt auch nicht der Depression hingeben und zuhause warten, bis mir die Decke auf den Kopf fällt, also stehe ich um 9 Uhr auf, rufe kurz in der Firma bei Helge an und berichte, dass ich etwas später komme.
Gegen 10 Uhr in der Firma angekommen wartet mein Abteilungsleiter Helge schon auf mich, um mit mir über die neue Situation zu reden. Wir besprechen Dinge wie Projektübergaben und Jobs, die möglichst vorher geklärt werden sollen. Und über die Zeit nach der OP. Ich würde gerne nicht ewig lange zu Hause bleiben, sondern baldmöglichst wieder etwas tun, aber natürlich nicht unter Termindruck. Und natürlich ohne persönlichen oder telefonischen Kundenkontakt, zumindestens solange ich nicht wieder ordentlich sprechen kann.
Ich muss ja auch planen wie lange ich mich krankschreiben lasse, denn nach 6 Wochen endet die Lohnfortzahlung der Firma und ich bekomme nur noch Krankengeld der Krankenkasse, und sind nur rund 75% des alten Netto-Einkommens, das ist schon deutlich weniger. Das kann ich mir gerade jetzt nicht lange leisten. Aber es wird sich nach der OP entscheiden, wenn klar ist, ob ich Chemo und/oder Bestrahlung bekomme. Beide Therapien sind trotz der inzwischen schonenden Methoden immer noch anstrengend und ich rechne nicht damit, dass ich an solchen Tagen noch arbeiten kann. Jedenfalls nicht im Büro. Ich werde versuchen dann etwas „Work@Home“ zu arrangieren, dann kann ich die Arbeit ganz nach meiner Leistungsfähigkeit planen.
Mit Helge vereinbare ich auch, dass ich eine Rundmail in der Firma schreibe und so meine Situation offensiv erkläre, um Gerüchte über den Flurfunk zu vermeiden. Also schreibe ich:
Liebe Kollegen, bevor es der Flurfunk verbreitet: Bei mir wurde gestern ein Tumor am Zungenrand diagnostiziert. Das bedeutet, dass ich am 30.9. zur Operation ins UKE gehen werde, um den Tumor entfernen zu lassen. Vorher wird es noch ein paar Untersuchungen geben. Nach dem 30.9. sind ca. 14 Tage Krankenhaus geplant und danach evtl. Chemo und/oder Bestrahlung. Außerdem werde ich nach der OP das sprechen wieder lernen müssen, da doch ein ganzer Teil der Zunge entfernt werden muss. Bitte rechnet also den Oktober und den November nicht mit mir und plant mich nicht ein. Wenn es mein körperlicher Zustand erlaubt, dann werde ich sicherlich früher wieder anfangen (wahrscheinlich anfangs nur Teilzeit), aber das ist alles noch pute Spekulation. Bitte zögert nicht mich anzusprechen, wenn Euch danach ist, auch könnt Ihr gerne fragen, wenn ihr etwas wissen wollt. Soweit die schlechten Nachrichten zum Freitag..... Liebe Grüße Christian
Es gibt eine Menge wirklich freundlicher und zusprechender Mails, Kollegen kommen vorbei und berichten über ihre Erfahrungen mit Krebs in der Familie. Alles in Allem kommt schon ein Gefühl von Zuversicht auf, es tut auch gut in die Firma ganz viele Hilfs- und Beistandsangebote zu bekommen. Es wirkt plötzlich fast so, als sei die ganze Sache doch eher etwas wie „Zahnstein-Entfernen“. Unangenehm aber dann doch problemlos. Ist es aber doch nicht.
Neben einigen organisatorischen Dingen in der Firma baue ich den neuen Speicher für den neuen Rechner für gay-web.de ein, dann noch schnell das Betriebssystem aufspielen und dann muss noch ein Name her: Die neue Maschine wird harvey heissen. Harvey wird eingebaut und verkabelt und dann kann ich am Wochenende nebenbei ein bisschen remote basteln. Wieder die Möglichkeit mich auch mal abzulenken.
Plötzlich ist es kurz vor 16:00 Uhr und ich muss schnell die neue Brille für Tobi abholen, und um 16:30 Uhr geht mein Bus zum Flughafen und dann ab in den Flieger nach Frankfurt. Der A321 ist eine halbe Stunde zu spät in Hamburg, also wird das „Boarding“ eine extrem hektische Sache, die Piloten sehen die Verspätung sportlich und holen alles raus, so dass das Kabinenpersonal im Eiltempo Getränke verteilt und beim Einsammeln der Reste im Sturmschritt durch die Gänge marschiert. Mir soll es recht sein, dann muss Tobi nicht zu lange warten.
Im Flieger habe ich das interaktive Hörspiel „RaumZeit“ auf dem IPhone gehört, das ist schon sehr verrückt, macht aber Spaß! Und beim Aussteigen und Marsch zum Ausgang die Musik vom Soundtrack von Inception von Hans Zimmer, da dachte ich zwischendurch wirklich, dass ich in einem Film bin und nicht im realen Leben.
Tobi’s Bahn hat Verspätung, also direkt zur S-Bahn und dort fallen wir uns in die Arme. Das erste Mal seit der Diagnose. Mein kleines Kraftwerk gibt mir sofort wieder das Gefühl, dass ich bei ihm 100% fallenlassen kann und er uneingeschränkt für mich da ist. Das ist schon sehr sehr beruhigend und es entspannt mich sofort schon auf dem Bahnhof.
Abends reden wir noch in Ruhe über Alles, die Krankheit, die OP, meine Sorgen und Ängste, wie die Zeit nach der OP sein wird. Tobi bucht schnell noch einen Flug für das zweite Wochenende nach der OP. Mein toller Kerl! Tobi’s Vater hat aus seiner Firma noch ein Nahrungsergänzungspräparat mitgebracht, dass die DNS vor den aggressiven Giften der Chemo-Therapie schützt. Auch noch ein toller Schwiegervater! Ab sofort wird jeden Tag eine Kapsel Resveratrol eingenommen.
Tag 2 geht unspektakulär zu Ende, wir chillen noch eine Runde und zusammengekuschelt schlafen wir ein, und ich fühle mich perfekt geborgen.