Neuigkeiten…

Nach den ruhigen Tagen mit Tobi ging es diese Woche wieder rund, und das Thema Krankheit holte mich mit Macht wieder ein: 2 weitere Besuche im UKE.

Am gestrigen Donnerstag war großer Untersuchungstag im UKE, genannt „Staging“. Es wurde ein CT gemacht, die Lunge geröngt und der Bauch sonografiert. Alles zur Ermittlung, ob es eventuell schon Krebs-Metastasen im Körper gibt. Der Tag hatte also Potential für neue schlechte Nachrichten, und mit einem wirklich gemischten und durchwachsenen Gefühl bin ich zu den Untersuchungen gegangen.

Diese Betriebssamkeit im Krankenhaus ist schon erschreckend, es wird mit den Patienten ein wenig verfahren, als seien es Maschinen, oder Autos, die auf Diagnostik und Reparatur warten. Kranke Menschen laufen durch die endlosen Gänge (oder werden in Rollstühlen oder Betten geschoben)  und werden von einem Counter zur nächsten Station geschickt.

Ich dachte ja immer, dass ich bei solchen Dingen praktisch veranlagt bin, aber ich merke jetzt, dass ich in dieser Situation, wo meine Gedanken um andere Dinge kreisen, ebenso hilf- und orientierungslos durch das Klinikum wandere wie die anderen Patienten.

Die Angestellten im UKE, die uns Patienten verwalten, tragen alle freundliche Namensschilder mit dem Zusatz „Administration“. Da kommt man sich ja schon wie ein Stück Ware vor, oder zumindestens wie ein Fall. Okay, mehr ist man für die meisten Mitarbeiter dort sicherlich auch nicht. Und ganz ehrlich: Wer will es denen verübeln, dass sie nicht mit jedem Patienten mitleiden. Man stumpft sicherlich ganz massiv ab.

Ich will aber auch nicht verschweigen, dass die meisten Ärzte und Schwestern sich Mühe geben und sehr verständnisvoll sind, wenn man hilflos dort steht und alles mehrfach erklärt bekommen muss. Und man wird in den meisten Fällen auch nicht automatisch entmündigt, sondern die Fragen werden ernsthaft beantwortet und man nimmt sich die erforderliche Zeit.

Nach den ganzen Stationen habe ich immer auf eine Befundbesprechung bestanden und danach sieht es ganz gut aus. Keine sichtbaren Metastasen auf dem CT (dort ist der Tumor nicht mal zu sehen, weil zu klein!), das Röntgenbild der Lunge gibt keinen Anlass zur Sorge und die Sonografie des Bauchs ergibt nur, dass ich Gallensteine habe. Aber keine sonstigen Veränderungen der Organe. IMMERHIN mal einigermassen gute Nachrichten. Allerdings ist ein Lymphknoten im Hals ein bisschen vergrößert, der Radiologe sah das aber noch nicht als auffällig.

Heute (Freitag) war dann der sogenannte „Prämedikationstermin“, dort wird dann die Narkose-Aufklärung und die Besprechung mit dem Chirurgen gemacht. Der Narkosearzt machte mir schon ein bisschen Angst, denn es werden wohl diverse Schläuche und Anschlüsse vor der OP verlegt: Magensonde, Dauerkatheter, ZVK (zentraler Venen-Katheter) und arterieller Zugang über die Leiste, Intubierung über die Nase oder bei Atemproblemen wird ein Luftröhrenschnitt gemacht. Es kann gut sein, dass ich nach den 3 Stunden Operation für mehrere Stunden auf die Intensiv-Station muss, auch dort kann es sein, dass bei Atemproblemen generell der Tubus längere Zeit liegen bleibt und dann solange im künstlichen Koma gehalten werde.

Das beruhigt doch alles, ist ja alles zu meinem Besten…….

Danach gab es dann doch einen bösen Schock: Der geplante OP-Termin am 30.9. ist abgesagt, da der liebe Chefarzt an diesem Tag auf einen Kongress fahren will. Leider gab es Abstimmungsprobleme zwischen seinem Sekretariat und dem Personal der Poliklinik, die die OP-Planung macht. Ich bekam wirklich schlechte Laune, denn Tobi hat sich extra frei genommen und wollte am 29.9. abends nach Hamburg kommen, um mich in UKE zu fahren und dann nach der OP bei mir zu sein. Sollten alle diese Planungen hinfällig sein?

Jetzt ist die OP bereits am 28.9. im Laufe des Tages. Trotzdem muss ich um 7:30 Uhr im Krankenhaus sein, denn der Chefarzt sollte mich vor der OP noch einmal (und zum ersten Mal!) sehen. Auch da bin ich ein bisschen verärgert, denn eigentlich wusste der Chef und sein Assistent von der heute geplanten Untersuchung/Besprechung und haben es einfach verplant.

Der Oberarzt, der mich dann heute über die geplante OP chirurgisch aufklärte, wirkte auf mich sehr kompetent und nach sich die Zeit (er warf für das Gespräch erstmal 2 Assistenzärzte aus einem Besprechungsraum) und beantwortete meine Fragen sehr ausführlich. Etwa 1/4 der Zunge wird verloren gehen, zum Glück nur am Rand und nicht Bereich der Zungenspitze. Die Sprache wird anfangs ein bisschen verändert sein, weil die Bewegungen der Zunge anders funktionieren werden, immerhin fehlt ein Stück des Muskels. Ich werde mich aber auch direkt nach der OP schon wieder artikulieren können, wenn auch nur beschränkt und natürlich wird es schmerzen. Allerdings wird das Empfinden in der rechten Zungenseite massiv beeinträchtigt, denn ein Stück des Nervs fehlt nach der OP. Essen vielleicht 1-2 Tage über die Magensonde oder über den ZVK, wenn alles gut läuft wird aber ganz schnell auf flüssige Kost umgestellt (sog. Astronauten-Nahrung). Die Ausräumung der Lymphknoten wird nur im rechten Halsbereich gemacht, allerdings werden dort alle Lymphknoten entfernt. Der Oberarzt nannte dieses Vorgehen Standard und „nicht verhandelbar“. Die Halswunde bekommt eine Wunddrainage, und der rechte Hals wird ein bisschen schlanker nach der OP sein.

Der Bart muss nicht ganz ab, nur der Hals muss frei sein und die Wangen sollten es sein, also wird am Wochenende mal etwas rasiert. Und die Kopfhaare sind seit gestern auch schon pflegeleicht kurzgeschnitten.

Entwarnung wird es aber erst nach der histologischen Untersuchung der Lymphknoten und des entnommenen Stücks Zunge geben, dann entscheidet sich das weitere Vorgehen. Ich gehe aber ganz optimistisch an die Sache heran und erwarte, dass es nach OP alles fein ist!

Am OP-Tag wird meine Mutter abends mal vorbeischauen und dann vor allen Dingen Tobi unterrichten, der sicherlich auf Kohlen sitzt und auf Neuigkeiten wartet. Aber die Vorverlegung der OP hat auch etwas Gutes: Jetzt erlebe ich Tobi (und er mich) 4 Tage in deutlich wacherem Zustand als direkt nach der OP. Und in Gedanken ist mein Mann ja eh die ganze Zeit bei mir!

Also waren die beiden Tage insgesamt zwar strapaziös, aber dann im Endergebnis doch recht positiv. Kein Grund für Entwarnung: Die OP wird ein Höllenritt und die Tage danach auch, aber mit Chance ists das dann auch gewesen.

Jetzt sitze ich noch im Büro und arbeite meine letzten Baustellen ab, bespreche ein paar kleine Projekte mit den Kollegen (die manchmal auch einfach auf ein nettes und aufbauendes Schätzchen vorbeikommen).

Um 18:45 Uhr geht mein Flieger nach Frankfurt zu meinem Schatz, und dann machen wir uns ein letztes schönes Wochenende, bevor ein paar Wochen mit deutlichen Einschränkungen vor uns liegen.

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