Heute, am 17.09.2010, beginnt für mich ein neuer Abschnitt in meinem Leben.
Morgens um 7:00 Uhr war ich noch im Büro und wollte dann ganz kurz ins UKE (Uniklinik Hamburg), um endlich diese unangenehme Lappalie mit der Stelle an der Zunge zu Ende zu bringen, da teilt mir ein freundlicher junger Assistenzarzt mit:
„Leider ist das Ergebnis der Biopsie nicht gut. Wir haben Tumor-Zellen gefunden.“
Rumsch
So schnell vergeht einem Alles.
Dieses Gefühl von Ungläubigkeit, verbunden mit dem Wunsch, dass es grad alles nur ein Traum wäre, aus dem man gleich erwacht.
Leider nein.
Der junge Arzt hat mit einen Haufen Papiere in die Hand gedrückt und mich ins Zentral-Klinikum des UKE in die Mund-Gesichts-Kiefer-Chirurgie geschickt, man würde mich dort erwartet.
Nur was würde MICH dort erwarten?
Wiederum hektisches Treiben und ein weiterer junger Arzt, der ernst schaut und gleich den Oberarzt hinzubittet. Der Oberarzt fragt nur „Wir haben hier einen Zungenbefund?“
Ernste Blicke.
Und dann werden schon chirurgische Details erklärt, und das noch einiges an Diagnostik gemacht werden muss:
- CT vom Kopf und Hals
- Sonografie vom Oberbauch
- Lungen-Röntgen
- Blut-Untersuchung
Man will natürlich sehen, wie groß der Tumor ist, und ob es schon Metastasen gibt.
Alles Aussagen, die einen doch wirklich beruhigen. Nicht nur, dass es einen Tumur am Zungenrand gibt (erster Schreck), nein es könnten evtl. noch woanders mehr Krebs wächst. Das macht schon mal Mut.
Aber es bleibt keine Zeit für den Schrecken, denn es geht gleich voll zur Sache in der Maschinerie Krankenhaus, denn sofort beginnen die Planungen für die OP und die Untersuchungen. Termine müssen gesucht und vereinbart werden, Blut wird gleich entnommen. Schnell noch ein paar Fotos von der Stelle machen. Dafür läuft man im Zentralklinikum des UKE immer schön hin und her, denn für alles gibt es dort Spezial-Einheiten.
Zwischendurch bleibe ich mal in der Halle stehen und versuche mit der Außenwelt zu reden, sprich meine Mutter anzurufen. Dabei merke ich sofort, wie sehr mir der Schock in den Knochen sitzt. Und die Angst. Nach ein paar Worten versagt mir die Stimme, denn eigentlich möchte ich sofort hemmungslos weinen. Aber es muss natürlich weitergehen, und dazu möchte ich natürlich auch nicht meine Mutter, die durch die Nachricht schon sehr geschockt ist, auch noch damit fordern, dass ich heulend im UKE stehe.
Als nächstes versuche ich Anna und Martina zu erreichen, um zu schauen, ob ich Abends dorthin zu Besuch kommen kann. Anna als Ärztin und Martina als Psychologin sind sicherlich eine gute Stütze und können mir sicherlich einige Fragen beantworten. Und mir einfach Mut machen – ich hoffe ja zumindestens das es noch etwas gibt, was mir Mut machen kann. Die Ärzte halten sich ziemlich bedeckt mit Aussagen.
Und Markus erreiche ich gegen Mittag zum Glück auch, der ist natürlich auch geschockt und richtet sich auf besuchen und beistehen ein.
Zwischen den ganzen Panik-Anfällen und der totalen Verzweiflung wird aber dann doch der folgende Plan festgelegt:
- am 23.9. weitere Voruntersuchungen wie CT, Sono und Röntgen
- am 24.9. Prämedikationstermin mit Narkose- und Chirurgie-Besprechung
- am 30.9. Aufnahme auf Station und OP am gleichen Tag
Immerhin 180 min. sind für die OP veranschlagt, das ist schon ganz schön lange, danach werde ich sicherlich noch einige Stunden im Koma im Aufwachraum (genannt IMC) liegen. Diverse Klärungen noch hinsichtlich der Unterbringung, immerhin liege auf der Privatstation und bekomme ein Einzelzimmer. Fernsehen, Telefon, Internet, alles vorhanden.
Nach 4 1/2 Stunden komme ich aus dem UKE raus, immernoch fassungslos über das Geschehen und die Ergebnisse. Ich hoffe die ganze Zeit, dass ich einfach aufwache und es sich herausstellt, dass es nur ein böser Traum ist, aber ich werde mich wohl damit abfinden müssen, dass es die Realität ist und ich ab sofort ein Krebs-Patient bin.